18. Mai 2020; Von: Dr Karl-Heinz Imhäuser

Wann, wenn nicht jetzt: Schulbau nach Corona

Konjunkturprogramme für leistungsfähige Schulbauten sind dringender denn je – Politik und Wirtschaftsinstitute sind jetzt gefordert, die Zukunft durch die richtigen Investitionen zu sichern.

Unsere Wirtschaft ist in der Krise, ausgelöst durch die Corona-Pandemie, die uns noch lange begleiten wird. Die Forderungen an die Bundesregierung werden lauter, die Wirtschaft mit konjunkturellen Impulsen in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren anzukurbeln. Immer wieder wird in diesem Zusammenhang auch ein Investitionsprogramm in unsere Bildungsinfrastruktur genannt. Es gibt mehrere Gründe, warum ein solches Investitionsprogramm, das vor Corona bereits beschlossen war, jetzt umso dringender zur Umsetzung kommen muss.

Was können wir ahnen: Investitionen kommen auf den Prüfstand

Die Steuereinnahmen der Kommunen werden im nächsten Jahr (und den folgenden) massiv einbrechen. Wir können ahnen, dass die Folgen dieser Einbrüche massive Ausbrüche von Sparbemühungen für die kommunalen Haushalte nach sich ziehen. Der Bund der Steuerzahler fordert apodiktisch: „Alle Ausgaben gehören auf den Prüfstand (…). Dies bedeutet eine kritische Überprüfung aller Ausgaben im Haushalt.“* Wir ahnen, dass dann auch die großen geplanten Programme zu Investitionen in die Schulbauinfrastruktur, sei es Neubau oder Sanierung, auf Einsparungen hin geprüft werden.

Was können wir wissen: Der Investitionsstau fordert sofortiges Handeln

Wir wissen gleichzeitig, dass die milliardenschweren Schulbauprogramme der Kommunen als Antwort auf den von der KfW im letzten Kommunalpanel aufgerufenen Investitionsbedarf in schulische Infrastruktur von 44 Milliarden Euro unumgänglich sind. Die Gründe sind bekannt und anerkannt:

  • stark steigende Schülerzahlen in den nächsten Jahren;

  • ein dringender Innovationsstau im Schulbau und bei der Digitalisierung der Schulen;

  • insgesamt in die Jahre gekommene räumliche Konzepte, die nicht mehr zukunftsfähig sind für moderne Lehr-/Lernprozesse (und flexibles Reagieren in der Corona-Krise).

Einsparungen sind hier schlichtweg nicht möglich.

Alle wissen, dass die schulischen Infrastrukturen an vielen Orten so marode sind, dass ein weiterer Aufschub baulicher Maßnahmen keine Option ist.

Was sollen wir tun: Jetzt investieren – an der richtigen Stelle

Die Autolobby fordert Abwrack- und Neukaufprämien für die rückwärtsgewandte Technik der Verbrennungsmotoren, die einen nachhaltigen Aufschwung nicht befeuern werden. Stattdessen muss ein von der Bunderegierung aufgesetztes „Konjunkturprogramm Schulbau“ die Kommunen veranlassen, für finanzielle Hilfen des Bundes als Gegenleistung leistungsfähige Schulen zu bauen: Geld gegen Innovation muss der Zukunftspakt lauten.

Mittlerweile hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz in mehreren Interviews ein Konjunkturpaket angekündigt.** Immer wieder wird dort darauf Bezug genommen, massiv in Schulen und KITAS zu investieren. Hier wird auch die bauliche Förderung von Schulen mitgedacht. Da wir in der Corona Krise auch gelernt haben, dass lange als Vorbehalte vorgetragene Restriktionen kurzfristig temporär aussetzbar sind, kann hier das Kooperationsverbot in der Bildung nicht als Hindernis dienen.

Jetzt sind die deutschen Wirtschaftsinstitute und ihre namhaften Vertreterinnen und Vertreter gefordert, dies in ihren Beratungen und Empfehlungen, überall dort, wo sie gefragt und eingebunden sind, zur Geltung zu bringen. Sie müssen die Anwälte und Garanten sein für die Forderungen der Investitionsprogramme als Treiber für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Bildungsinfrastruktur hat mit an erster Stelle des Maßnahmenkatalogs zu stehen.

Was dürfen wir hoffen: Die Krise ist die Chance, um unsere Zukunft zu bauen

Wir hoffen und plädieren dafür, dass diese NOTwendige Anpassung auf die Zukunft hin, die uns die Corona-Epidemie aufzwingt, zu einem Katalysator in der deutschen Bildungspolitik wird. Für alle sichtbar in spätestens zehn Jahren in Dörfern und Städten der ganzen Republik als Zukunftsleuchttürme – unsere Schulbauten. Bildungsbauwerke sind die sichtbaren, manifesten Symbole an jedem Ort für unsere Fähigkeit, dass wir als Land der Dichter und Denker, der Ingenieure und Innovateure ganz vorne mit dabei sind, die Zukunft der Bildung für die Bildung der Zukunft voranzubringen.

** „Scholz: ‚Wir können das lange durchhalten‘“, ZDF heute journal, 14.05.2020

** „Scholz – Regierung legt im Juni Konjunkturpaket auf“, Reuters, 14.05.2020

Bild: Grundriss der im Bau befindlichen Gemeinschaftsschule Weimar (Pilotprojekt SCHULBAU OPEN SOURCE in Kooperation mit IBA THüringen und der Stadt Weimar: Planungsbeteiligte: gernot schulz: architektur, Hausmann Architekten, Ingenieurbüro Hausladen, studio urbane landschaften und weitere) mit Simulation eines Lernsettings unter Berücksichtigung der Abstandsregeln. Gezeigt wird eine Momentaufnahme unter der Annahme, dass alle Schülerinnen und Schüler der drei Stammgruppen (hier z. B. Klasse 1-3 oder 4-6 oder 7-9 in jahrgangsgemischten Stammgruppen) gleichzeitig anwesend sind. Durch die bodentiefen Fensteröffnungen auf beiden Fassadenseiten kann für eine gute Durchlüftung und ein schneller Luftaustausch gesorgt werden. Die Flexibilität offener Raumkonzepte bietet eine Vielzahl an Optionen für verschiedene Lernsettings – das erleichtert auch das Reagieren auf besondere Bedingungen in Corona-Zeiten, auf die die herkömmlichen Klassenraum-Flur-Schulen keine Antwort haben.

Autor:innen

Dr Karl-Heinz Imhäuser

Dr. Karl-Heinz Imhäuser, Vorstand der Montag Stiftung  ist Mitglied der Hauptversammlung der Deutschen UNESCO-Kommission und des Expertenkreises für inklusive Bildung.